Freitag, 25. Oktober 2013

[Rezension] Frau Ella von Florian Beckerhoff

"Vergessen Sie nicht, dass Sie nur ein Leben haben!" (Kap. 12)



Im Mittelpunkt des Geschehens stehen Ella Freitag und Sascha Hanke. Sie ist 87, er um die 30 Jahre alt. Frau Ella kann nur noch auf einem Auge sehen und ihr Arzt ist der Meinung, dass sie sich operieren lassen soll, obwohl sie das völlig anders sieht. Kurzum, sie begibt sich ins Krankenhaus und plötzlich steht ihr Zimmer unter Wasser. Sie beobachtet, wie das Wasser steigt und steigt, bis sie sich hinreißen lässt und den Notrufknopf drückt. Daraufhin wird sie vorübergehend in ein anderes Zimmer verlegt. 
Sascha genießt mit Freunden und ein bisschen zu viel Alkohol die ersten warmen Tage des Jahres. Als er dann mit dem Rad nach Hause fahren will, stürzt er und rammt sich den Brillenbügel ins Auge. Er kommt ins Krankenhaus und wird operiert. Seine Auge kann gerettet werden. 

Dies ist nun schon ein paar Tage her. Eines Nachmittags ist er auf dem Weg in sein Krankenzimmer und freut sich darauf, sich in sein Bett zu legen und zu masturbieren. Doch als er die Tür öffnet, sieht er ein alte, grauhaarige, schnarchende und pupsende Frau im Bett liegen. Das durchkreuzt seine Pläne und dementsprechend unentspannt ist er. Später sitzen sie gemeinsam am Tisch, essen Abendbrot und reden über die Einwilligung zur OP, die Frau Ella unterschreiben soll. Sie wundert sich darüber, dass sie eine Vollnarkose bekommen soll, obwohl das ihrer Meinung nach nicht notwendig ist. Sie zweifelt und unterschreibt vorerst nicht. Am nächsten Morgen, unter Einfluss entsprechender Medikamente, unterschreibt sie die Einwilligung doch, was Sascha aus der Fassung bringt und er eine Verschwörung wittert. Kurzerhand entführt er Frau Ella zu sich nach Hause. 

Und so lernen sie sich kennen. Beide aus unterschiedlichen Welten, mit unterschiedlichen Lebensweisen, unterschiedlichen Problemen. Und doch passen sie perfekt zueinander. Sie testen, was nun die beste Methode ist, Eier zu kochen - mit Hilfe des Radios und doch nach Gefühl? Müssen die Eier angestochen werden oder nicht? 

Als dann noch Saschas Freunde auftauchen, wird es noch aufregender. Sie reisen mit Frau Ella in die Vergangenheit, zeigen ihr, wie junge Menschen heute Leben, wie sie ihren Kaffee machen, etc.
Beide Generationen begegnen sich mit sehr großer Neugier und Respekt, sie lernen voneinander, reden und diskutieren über das Leben und die Liebe…

Beckerhoff hat einen Roman geschaffen, der voller Witz ist, aber die Ernsthaftigkeit des Lebens nicht vergessen lässt. Gerade zu Beginn der Geschichte kam ich aus dem Lachen nicht mehr raus. Im weiteren Verlauf wurde ich immer melancholischer und nachdenklicher. Es ist einfach ein großartiges Buch, welches ich mit einem tiefen Seufzer beendete und zur Seite legte!

Beim Erwerb dieses Buches wusste ich nicht, dass es verfilmt wurde und aktuell in den Kinos läuft. Ich hatte den Titel mal bei youtube eingegeben, den Trailer gesehen und war entsetzt, was bei der Verfilmung entstanden ist. In dem Roman gibt es kein Taxi und schon gar keinen Autounfall, keine Fahrt mit der U-Bahn, Lina ist nicht schwanger und es wird niemals das Wort "Döner" benutzt. Warum fällt es den deutschen Filmemachern so schwer, einen guten Roman zu verfilmen und sich bitte schön auch an die Vorlage zu halten? Ich weiß es nicht. Aber das Schöne ist, niemand zwingt mich, diesen Film zu sehen...

Das Buch ist im Oktober 2010 im Ullstein-Verlag erschienen und die Taschenbuchausgabe hat 320 Seiten, E-Book 230 kB (epub).
ISBN-13: 978-3548282763

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